Norddeutsche Meisterschaft Tasdorf(Neumünster)
Verfasst: 7. Mai 2022, 19:49
Dieses EZF sollte ein Saisonhöhepunkt sein, da ich mir im Winter das konstante Treten "hochwertiger" Wattzahlen antrainiert habe. Leider ist die Form durch einen 7-Tage zu spürenden Infekt dann etwas geschmälert worden, aber die Substanz ließ trotzdem hoffen, gut abzuschneiden. Andrerseits fuhr ich Dienstag noch ein hartes Zwiftrennen mit 335Watt im Schnitt über 40min und Mittwoch das 28,4km EZF in Schwesing. So musste der Donnerstag als Ruhetag zur Regeneration reichen. Gestern dann nur eine lockere Vorbelastung. Vielleicht war ich nicht optimal superkompensiert, aber es sollte auf jeden Fall besser laufen als in Schwesing. Der Wettkampftag verprach beste Bedinungen. Endlich über 15 Grad, kaum Wind. Beim Warmfahren fühlten sich die Beine gut an. Für den Wettkampf hatte ich mir vorgenommen an der HF-Schwelle von 180 zu fahren. Dort kann ich mich, wenn ich fit und ausgeruht bin längere Zeit aufhalten. Mit diesem Rennplan rollte ich also an den Starttunnel. Dort wurden zu meiner Überraschung die Räder auf ihre UCI -Konformität überprüft. Diese Prüfung fand letztes Jahr nicht statt und deshalb rechnete ich auch heute nicht damit. Trotzdem hatte ich gestern eigentlich einen Bikefitting-Termin, bei dem ich mein Rad eben auf diese UCI-Vorgaben hin einstellen lassen wollte, aber im Hinblick auf den Radweltpokal in Tirol, an dem ich dieses Jahr teilnehmen will und wo diese Kontrolle auf jeden Fall vorgenommen werden soll. Da ich also heute nicht damit rechnete und ich gestern nicht 2 Stunden nach Hamburg zum Fitting, eine Stunde Fitting, und zwei Stunden zurück fahren wollte, verschob ich den Termin. Hätte ich es mal nicht gemacht. Die Kontrolleurin rollte das Rad auf die Messstation und ihr trockener Kommentar war: Da ist ja alles verkehrt. Zwei Minuten vor dem Start!!! Schock!! Sofort nach einer Lösung gesucht. Was ist verkehrt, frage ich. Sattel muss nach hinten. Extensions auch. Zu meinem großen Glück stand Matthias daneben und er hatte einen Werkzeugkoffer dabei. Etwas ungeduldig gab ich Anweisungen. Matthias rückte den Sattel zurück. Dann fragte er nach den Extensions. Ich platze fast vor Ungeduld, "bat" ihn um den Imbus, schob das Rad auf die Messstation, löste die Schrauben, kippte die Extension nach oben, so dass sie nicht mehr zu weit rausragten und suggerierte er Kontrolleurin, dass jetzt ja alles gut sei. Sie ließ sich darauf ein, obwohl der Höhenabstand eigentlich nicht mehr stimmen konnte, was ich natürlich nicht thematisierte, sondern mich und die Kontrolleurin lobte, dass wir es ja hinbekommen hätten. An dieser Stelle muss ich noch mal Matthias für seine Hilfe danken. Ohne ihn hätte ich nicht starten können. Innerlich kochend rollte ich zum Start. Fragte den dort Wartenden laut und bestimmt, ob er mich festhält. Schuhe in die Klickpedale, die Sekunden wurden heruntergezählt, der Puls schnellte in die Höhe und bei Null war es wie eine riesengroße Befreiung dem Reglementterror entflohen zu sein. Mit mehreren Hundert Watt beschleunigte ich. Puls gleich in den Schwellenbereich gepusht. Rückenwind, geile Geschwindigkeit, gute Wattwerte. Einfach nur fahren. Geil. Dann kam eine scharfe Linkskurve. Den vor mir startenden Fahrer hatte ich da schon direkt vor mir. Ich erkannte die Pylone auf der Straße, aber war mir unsicher, wo ich langfahren sollte: Innen oder Außen. Irgendwie schwante mir, dass Innen keine gute Idee sei, weil man dann ja auf die Gegenfahrbahn kommt. Das war eine gute Entscheidung. Ein anderer Fahrer entschied sich für innen und bekam eine Zeitstrafe. Dann Gegenwind. Ich überholte den vor mir Gestarteten. Einfach dagegenhalten und ducken. Wende. Rückenwind und dann die Kurve, die nun natürlich eine Rechtskurve war und natürlich innen zu fahren war. Gegenwind. Wieder Augen zu und geduckt durch. Dann die Zielwende. Die Hälfte geschafft. Puls 180 + X. Kraft ließ nun etwas nach, aber noch gut Druck auf der Pedale. An den Wenden schlecht geschaltet, so dass ich mit einem zu dicken Gang neu beschleunigt habe. Das hat summiert 10-15 Sekunden gekostet. Da hätte sich das Rennen auch verlieren können. Schließlich durchs Ziel und irgendwie ein gutes Gefühl gehabt. Dass dieses Gefühl richtig war, bestätigte sich dann durch Sandra. Sie sah, wie die Ergebnisliste angebracht wurde und rief mir zu: Ralf, Du bist Nordmeister. Geil!, dachte ich. Der zweite war nur 1.75 Sekunden hinter mir. Ohweia, dachte ich. War mir irgendwie ziemlich sicher, es diesmal zu schaffen, aber so knapp. Das hätte ich nicht gedacht. Sind einfach auch andere ziemlich gut. Am Ende zählt der Meisteritel, obwohl die Trainingswerte des Winters eine noch bessere Leistung hätten erwarten lassen, aber die nicht ganz optimale Vorbereitung (Infekt, Zwei Rennen in der Woche vor den Meisterschaften) hat dies wohl verhindert. Morgen dann noch das Straßenrennen. Diesmal, nachdem ich erkannt habe, dass Straßenrennen nur zu einem relativ geringen Teil von der physischen Leistung bestimmt werden, und ich den Zeitfahrtel schon in der Tasche habe, gehe ich völlig entspannt in das Rennen. Mitfahren, Windschatten suchen, mal ein bißchen was versuchen. Also: Entspannte Fokussiertheit ist das Motto, wobei ich letztlich alles an Kräften möglichst an den richtigen Stellen und Spaß bringend raushauen will, aber dabei immer bedenke, keinen Sturz zu erleiden.