Mein erstes (richtiges) Zwiftrennen

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RalfUrbschat
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Mein erstes (richtiges) Zwiftrennen

Beitrag von RalfUrbschat » 24. Apr 2022, 13:01

Auf Wunsch Manfreds ;) mein Bericht:
Erstes Zwiftrennen. Genau genommen war es das Zweite. Allerdings war dieses Erste vor mehr als einem Jahr als die Fitness noch wesentlich schlechter war. Demzufolge bin ich damals dann auch gleich am Anfang in den roten Bereich gekommen und wurde vom Feld abgehängt. Keine gute Erfahrung. Bisher habe ich die Rennen unserer sehr guten Zwifter interessiert verfolgt, doch, obwohl man mich immer mal wieder fragte, auf einen Teilnahme verzichtet. Im Winter arbeitete ich „stur“ Trainingspläne ab mit dem Ziel gezielt VO2max und FTP zu verbessern. Und die bereits vorhandene Mannschaft stellte sehr gute Fahrer, deren Niveau ich mir nicht zutraute. Tom versuchte mich immer wieder zu animieren. Er erzählte von der Euphorie, die diese Rennen auslösen können, aber ich blieb hart und widmete mich meinen Workouts. Sie versprachen durch eine gezielte Ansteuerung der Stoffwechselbereiche systematische Verbesserungen. Diese stellten sich als Beweis für diese Auffassung auch ein und diese Fortschritte erzeugten auch einen Form der Euphorie, die daraus resultierte, diesen schon einigen Altersprozessen ausgesetzten Körper noch soviel Kraft zu entlocken. Aber ich tat einfach das, was ich schon als Kind lernte. Ich tobte mich aus und fand Gefallen daran, die Grenzen auszutesten udn zu verschieben. Jedes Training erzeugt trotz der Anstrengung ein unvergleichliches Wohlbefinden. Nun hatte ich durch dieses Training meine Werte noch mal verbessert. Die ersten Outdoorrennen standen an. Sie waren enttäuschend. Ich konnte die antrainierten Kräfte nicht abrufen. In jedem Training und vor allem beim Mittwochstraining war ich deutlich besser, als in den Rennen. In Dänemark musste ich an der Windkante abreißen lassen. Im Vollbesitz meiner Kräfte, wäre das nicht passiert. In Bad Bramstedt fehlten auch 15%. Gerade an der Steigung, die sonst meine Stärke ist, konnte ich nur mit den anderen hochfahren. Eutin – ein Tag vor dem Zwiftrennen -war in der Hinsicht besser, dass ich mich stark fühlte und Akzente setzen konnte. Allerdings empfinde ich diese Rundkurse als sehr hektisch. Das Ansprinten aller an die Kurven und dann das sehr schnelle Fahren durch die Kurven , wo man extrem konzentriert seine Linie halten muss, damit man die anderen und sich selbst nicht in Gefahr bringt, macht mir zu schaffen, obwohl es schon besser geworden ist. Aber die Anforderungen eines Fahrers an solche Rennen habe ich von Anfang an unterschätzt. Power ist nur eine Bedingung, aber viele schwächere Fahrer, fahren besser und sind somit vorne. Vielleicht ist es so, dass man das wirklich in jungen Jahren lernen muss, so dass es in Fleisch und Blut übergeht. Aber ich gebe die Hoffnung nicht auf, denn wenn man seine Physis verbessern kann, dann kann man auch Koordination, Renntaktik etc. verbessern.
Vielleicht waren diese negativen Erfahrungen auch ein Grund für meine Entscheidung der Zwiftmannschaft zu helfen. Aber den Anstoß hat gegeben, dass ich im Chat verfolgt habe, dass mehrere Fahrer ausgefallen sind. So eng war es noch nie. Tom auf Wanderschaft. Lars im Urlaub. Frank krank. Es wurde spekuliert Jugendliche mitfahren zu lassen. Ich war beeindruckt von Dominiks Versuchen, die Mannschaft aufzustellen sowie man sein Engagement für diese E-Race-Sparte sehr loben muss. Es war also wirklich Not am Mann. Und es fiel auch der Satz, es reicht, wenn der Aushelfer Letzter wird, weil es dann noch Punkte gibt. Bei so niedrigen Erwartungen und in der Notlage der Mannschaft, schrieb ich, dass ich helfen werde, obwohl Eutin ein Tag vorher war. Doch ich fühlte mich in Eutin nicht nur während des Rennens gut, sondern auch hinterher, so dass ich die leise Hoffung hatte, fit zu sein am Dienstag. Am Dienstag selbst fühlte ich mich vollkommen erholt, der Ruhepuls niedrig, was ein Zeichen für Leistungsbereitschaft ist. Dass das Rennen am Abend stattfindet, kommt mir auch entgegen, weil das die Zeit ist, wo ich deutlich besser Leistung abrufen kann, als morgens. Schließlich mussten nur noch einige technische Dinge geklärt werden, wie z.b. der Chatroom, in dem alle Fahrer miteinander kommunizierten. Dominik erklärte alles sehr gut und so war ich beruhigt, dass das auch klappt. Schließlich stieß der Topzwifter Stefan Kirchmaier noch zu uns. Ich wusste nicht, ob ich mich dadurch noch mehr unter Druck gesetzt fühlen sollte oder einfach als Entlastung, weil er es ja schon machen würde. Ich kannte ihn und seine Stimme schon von einigen Streams, die ich verfolgt hatte. Sein österreichische Dialekt wirkt aus irgendeinem Grund beruhigend. Seine Anweisungen während des Rennens waren sehr hilfreich. Doch zuvor startete ich das Warm Up. Ein paar VO2-max-Intervalle, um das System richtig hochzufahren und vor allem gleich am Anfang nicht abeghängt zu werden. Zusätzlich hatte mir Dominik ein Youtube-Video geschickt, in dem der Kurs erklärt wurde incl der Sprintmarken und vor allem dem Temple Climb. Mein Plan war, am Anfang mitkommen. Nach 1km kam schon der erste Sprint. Ich beschloss, diesen nicht voll mitzugehen, sondern dort mit Druck mitzufahren, aber eben nicht voll. Der Start war dann leichter als gedacht. Ich empfand die Anstrengung als sehr moderat und konnte so auch den Sprint gut mitfahren. Dann wurde es zu meiner Überraschung einfach. Die Wattzahlen waren moderat und so konnte ich ganz beruhigt mitfahren. Das Rennen auf einem Blatt lag neben dem Laptop und ich wusste, wann die nächsten Sprints kommen. Ich fühlte mich gut und sprintete nun stärker. Tatsächlich stellten sich gut Patzierungen ein, ich machte Punkte. Doch die Schlüsselstelle des Rennens sollte der Temple Climb werden. Die Belastungsdauer sollte laut Plan und laut Stefan bei ca. 5min liegen. Ich passte mich erst mal einfach dem Tempo an, beobachtete meinen Avatar, die Wattzahlen und war erstaunt, wie gut ich mitfahren konnte. In der zweiten Hälfte des Anstiegs konnte ich mich mit eine Gruppe lösen. Ich war ganz vorn mit dabei. Immer, wenn ich sah, dass die anderen Avatare sich etwas von mir entfernten, erhöhte ich nicht ruckartig, sondern allmählich meine Wattzahl und sah, dass ich darnblieb. Das war schon geil. Schließlich war ich mit Simon und Stefan vorn. Dominik, Tim und Leif mussten abreißen lassen bzw. Leif hatte zwei Internetausfälle. Ein Internetausbruch ist der Platten der virtuellen Fahrer. Dann kommst Du nur noch sehr schwer wieder ran. Schließlich war ich mit der Gruppe oben und hatte nicht das Gefühl alles gegeben zu haben, aber es waren immerhin 390Watt über Minuten (5.5Watt/kg). Es kam noch ein Sprint und danach die Zielanfahrt. Da war ich dann im Tunnel. Stefan rief was in den Chatroom, was ich als Aufforderung, den Sprint zu beginnen verstand. Aber er rief nur den Namen eines anderen Fahrers, der versuchte sich abzusetzten. Er setzte nach und begann auch zu sprinten, obwohl das Ziel noch viel zu weit weg war. Simon rief noch, ich solle nicht das Feld ranführen, aber ich war wie gesagt im Tunnel. In dieser Situation hätte ich entweder sofort mit Stefan dem anderen Fahrer hinterherfahren müssen oder in der Gruppe dahinter mit Simon bleiben müssen, um dann den Sprint dieser Gruppe mitzufahren. Doch ich hing irgendwie dazwischen und rieb mich auf in diesem Langsprint, so dass die Gruppe mich noch einholte und überholte. Ansonsten wäre ein TOP 10 – Platz drin gewesen. So war es der 15. Zufrieden so gut durchgekommen zu sein, in einigen Sprintwertungen mit vorn von allem am Temple Climb den 3.Platz gemacht zu haben, hatte ich das Rennen beendet.
Dieses Rennen war eine gute Erfahrung und glich die Enttäuschungen über die ersten Straßenrennen etwas aus. Außerdem war es auch ein wenig wie mein Training. Der Climb war ein lupenreines VO2max Intervall. Dazwischen ein paar Sprints und sonst Ausdauer. Alles gut. Kann man mal machen. Ich hatte gedacht, dass die Phasen zwischen den Wertungen anstrengender sind. So hatte ich es bei einigen Streams eingeschätzt, wo öfter weit über 300 Watt getreten wurden, so dass eine Erholung nicht so richtig möglich sei, aber wenn Zwiftrennen immer solche Phasen haben, in denen man sich bei 250-300 Watt erholen kann, dann gern wieder. Nächsten Dienstag ist das nächste Rennen. Ob ich teilnehmen werde, weiß ich nicht. Ein Infekt bremst mich seit Donnerst arg aus.

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