IM 70.3 Zell am See Erfahrungsbericht
Verfasst: 7. Sep 2017, 10:56
Rennbericht IM 70.3 Zell am See 2017
Mein zweiter IM 70.3 stand vor der Tür. Nachdem ich letztes Jahr auf Rügen Blut geleckt hatte für 70.3 Distanzen war nun schon wieder ein Jahr rum und mein zweites Rennen über diese Distanz stand auf dem Plan. Mein im Vorjahr gestecktes Ziel, die Distanz diesmal „durchballern“ zu können, hatte sich im Verlauf des Jahres mit 2- monatiger Elternzeit-Europatour als zweit- naja eigentlich als letztrangig - geoutet. Mit Trainingsumfängen, die eigentlich zu einem Verbot über die Anmeldung zu dieser Distanz führen sollten, stand ich nun auf einmal an der Startlinie; kurze Gedanken im Vorfeld, es sein zu lassen, gab es durchaus…
In Zell mit dem Wohnmobil angekommen, gewannen Nicole und ich schnell den Eindruck, dass hier irgendwie alles etwas größer und anonymer ist, als bei dem 70.3 auf Rügen. Das Anfeuern durch Nicole und Sohnemann musste gut geplant werden; auch dann hat Zell nicht die familienfreundlichsten Strecken zum Anfeuern.
Nach dem Abholen der Startunterlagen in einer Art Messehalle in der Innenstadt ging es mit dem WoMo einen Ort weiter, in dem Schwimmen und beide Wechsel stattfinden sollten; der Zieleinlauf sollte dann wieder im Herzen von Zell sein. Nach dem Einchecken in eine Wechselzone, die den gesamten Innenraum eines Stadions einnahm, haben wir in einer Seitenstraße quasi im Vorgarten eines Hauses den wohl weit und breit letzten Parkplatz gefunden und dort dann auch einfach übernachtet.
Da Start erst um 11 Uhr sein sollte – warum eigentlich, fragten wir uns – konnten wir ausschlafen, so lange Emilian es zuließ. Gleichwohl deutlich früher als unbedingt nötig sind wir zum Wettkampfort aufgebrochen, um die Stimmung aufzusaugen und mit Emilian am See noch im Gras zu spielen. Zu der Zeit konnte man die Bergkulisse in den Wolken nur erahnen.
Nicole und ich haben uns noch als erfahrene Triathlonhasen über diverse Mitstreiter gewundert, die vorsichtshalber knapp eine Stunde vorher begonnen haben, ihren Neo anzuziehen; so kalt war es eigentlich gar nicht. Sind Neos die neuen Ganzkörperkompressionsutensilien? Auch eine Triathletin, die sich zu gleicher Zeit ausführlich einschwamm, hat uns gewundert… Ist so langes Schwimmen vor einem 70.3 sinnvoll? Und ist es mir das wirklich wert, eine Stunde im nassen Neo auf den Start zu warten? Diese Dame wusste – was wir wiederum nicht wussten – aber sehr genau, was sie tat. Es war die spätere Zweitplatzierte des Profifeldes, Anja Beranek, die das umfängliche Einschwimmen gut verkraften dürfte und zudem einen zweiten Neo für den Wk dabei hatte.
Dann war es soweit, es wurde ernst. Pünktlich wenige Minuten vor dem Profistart riss auf einmal die Wolkendecke auf und gab den Blick auf bestes Wetter in traumhafter Kulisse preis. Das wird der Grund sein, warum hier in den Alpen so spät Start ist. Es galt sich nach letzten Glückwünschen von Nicole und Sohnemann nun durch die Massen zu kämpfen, um meine Schwimmgruppe von 30-35 min zu finden. Das entsprechende Schild war nicht- jedenfalls für mich nicht – mehr auffindbar und so musste ich mich bei den 35 – 40 min anstellen. Dann überhole ich halt ein paar Leute, auch schön…
Die Pre-Start-Atmosphäre begann und diese zu erzeugen, machte der Veranstalter echt toll. Neben toller Musik aus guten Soundanlagen verstanden es die beiden Kommentatoren, mir mehrfach Gänsehautmomente zu bescheren. Die Stimmung unter den Athleten war einerseits angespannt, anderseits aber auch irgendwie gelassen und kollegial. Meine Zweifel, ob meine – wirklich – eine einzige Schwimmeinheit in diesem Jahr und meine dreistelligen Radkilometer zum Bewältigen der Distanz ausreichen würden, waren auf einmal weggeblasen und einem „Ist das geil hier“ und einem „ich schaffe das“-Gefühl gewichen. Nach langen ca. 15 min nach Startschuss bin ich an der Reihe und darf im Abstand von ca. 1-2 Sekunden zum Vordermann alleine – wie aller Starter bei diesem Rolling-Start- ins Wasser.
Für mich stand diesmal das bewusste Erleben des Wettkampfes im Vordergrund und so gönnte ich mir mehrfach beim Atmen einen staunenden Blick in die Alpenkulisse. Wahnsinn… ist das Schwimmen in diesem See toll, dachte ich. Glasklares Wasser und ein traumhafter Blick in die umliegenden Berge waren mir und meinen Mitstreitern vergönnt. Zwischendurch wurde die Strecke zwar ganz schön lang, aber nach ca. 60 % der Strecke, kurz nach der Wende, wusste ich, das Schwimmen überstehe ich ohne größere Einbußen für meine weitere Tagesaufgabe…
Schnell die Stadionrunde zu meinem Rad absolviert und mich zwischendurch strahlend von Nicole anfeuern lassen, saß ich auch schon auf zwei Rädern; Emilian machte gerade in der Kraxe auf Nicoles Rücken einen Vormittagsschlaf… Noch war ich nicht in der Stimmung, dass mir dieser Zeitvertreib lieber gewesen wäre.
Die Radstrecke führte die Erlebnishaftigkeit der Schwimmstrecke fort. Eine top Straße, die vollgesperrt durch eine grüne Alpenkulisse führt… allein das war eigentlich schon fast die 250 Euro Startgeld wert. Die ersten Kilometer verfliegen fast und ich fahre auf meinem Rennrad – 90 km Zeitfahrrad erschien mir ohne jedes Positionstraining nicht so sinnvoll für mein Ziel, hinterher noch einen Halbmarathon zu laufen – knapp einen 38er Schnitt auf den ersten ungefähr 20 km. Ich überprüfe mich mehrfach selber, ob ich gerade gnadenlos überzocke oder ob es bergab geht und/oder Rückenwind herrscht… M.E. alles nicht der Fall, es läuft einfach… Geiles Gefühl!
Für die ersten zurückhaltend gefahrenen km einer MD durchaus gut. Dann kam der einzige richtige Berg des ansonsten nur leicht welligen Profils – klar war von Anfang an ja sowieso, dass wir hier nicht auf Rügen sind und es gilt, irgendwas um die 800- 1000 hm zu überwinden. Der Berg war bis auf einzelne Abschnitte eigentlich gut zu fahren und zog sich insgesamt über 13 km. Motivationstechnisch muss IM zwar noch an sich arbeiten; nett gemeinte Schilder mit der Aufschrift „DNF is no option“ auf tiefschwarzem Hintergrund sahen eher aus, wie bei laufender Bluesmusik angefertigt, aber naja. So wusste ich zumindest, dass auch der Veranstalter ein Aufgeben nicht schön finden würde; stand ja eh nicht zu Debatte.
Ein extrem dummer – es ist wie es ist - Fehler (ich hätte es ja gerne mit Anfängerfehler entschuldigt, aber ich mache Triathlon schon ein paar Jährchen) machte sich dann während des Anstieges bemerkbar. Ich hatte mein dieses Jahr kaum gefahrenes Rennrad vorbildlich an der Schaltung geputzt und geölt, aber nicht die Gänge richtig kontrolliert. Warum auch immer, es schalteten sich jedenfalls die Gänge zwar super, die Schaltung wollte mir aber trotzdem keinen Zugang zu meinen 2 leichtesten Gängen meines ohnehin nicht auf Berge ausgelegten Ritzels gewähren. Hätte dies in meinen ersten Triathlon-Jahren wohl zu stark aufsteigender Panik geführt, war ich an Ort und Stelle tatsächlich in der Lage, über diese weitere Herausforderung zu schmunzeln und mir zu denken: „challenge accepted“. Der Vorteil war, dass ich ein gewisses Grundtempo halten musste, um die Kurbel herumzukriegen und so Mitstreiter um Mitstreiter einsammelte.
Genau wie mir Nicole – in weiser Voraussicht (???) – geraten hatte, habe ich stets an unser Highlight-Erlebnis während der Elternzeit gedacht, als wir Emilian im Thule-Hänger hinten am Mtb 25km den Mont Ventoux hochgezogen haben. Anstrengender als das kann dieser Alpenpass auf mittlerem Gang, aber dafür mit Rennrad und ohne 20-25kg Gewicht hinten dran, wohl auch kaum werden…
Der Berg entschloss sich auf den letzten 2 km aber noch, mich mit einer „so einfach kommst Du mir nicht davon“- Steigung zu überraschen. Die Prozente des Anstieges kannte ich nicht und wollte sie auch nicht wissen, es war jedenfalls steil und die Beine brannten. Trotz aller gegenteiliger Absichten musste ich schlussendlich absteigen. Mit einem „Du Looser“- Gefühl am Straßenrand stehend wusste ich schnell, dass es die richtige Entscheidung war. Mein Puls und mein Laktat müssen an der Grenze des Messbaren gewesen sein… und ich befand mich noch vor km 35. Ein Schild berichtete mir, dass es nur noch 1 Kilometer bis zum Gipfel sei… ich wäre lieber einen Kilometer zusätzlich geschwommen, als ihn mit dieser Übersetzung diesen Anstieg raufzumüssen. Ein kleiner Trost war, dass sich die meisten anderen Athleten im Zeitenlupentempo weiterbewegten, während ich stand. Insgesamt habe ich dreimal kurz anhalten müssen, um nicht umzukippen. Die Motivation war auf dem Tiefpunkt; ob der Wettkampf noch als durchgestanden gelten würde, schien mir zweifelhaft…
Auf jedes Down folgt im besten Fall auch wieder ein Up… Steigungstechnisch wars zwar zum Glück genau umgekehrt; motivationstechnisch aber genau so. Eine so tolle Straße durfte ich noch nie (fast) ohne Rücksicht auf Verluste runterballern. Recht gut vorhersehbare Kurven bei einer vollgesperrten Strecke und dem nötigen Anteil an abschüssiger Steigung führte zu viel Spaß für den Fahrer. Gefühlt habe ich viele derer, die mich während meiner Stehpassage eingesammelt haben, auf ihren quietschenden und teilweise vom Bremsen stinkenden Zeitfahrrädern wieder eingesammelt. Die Strecke bietet sich zwar gleichwohl – wenn man ehrlich ist – sehr wohl und eindeutig für das Nutzen eines TT an. In der Abfahrt hatte ich mit meinem RR aber klare Vorteile. Und das Schöne war: Die oberen Gänge brauchte ich nicht mehr, weder auf dem kleinen, noch auf dem großen Ritzel.
Etwas Angst machte mir nur die Häufigkeit, mit der andere Athleten, teils in kleineren Grüppchen, mit Pannen am Straßenrand standen. Das war später auch Gespräch bei der Zielverpflegung; den Grund kenne ich bis heute nicht. Ich blieb von einem (weiteren) Defekt jedenfalls zum Glück verschont.
Die Abfahrt dauerte um die 15km und so befand ich mich auf einmal schon bei km 50. Nur noch 40km klangen doch schon besser, als noch 55km am Gipfel (und eigentlich schon mit den Kräften am Ende). Der Rest der Strecke war dann nicht minder schön, aber halbwegs flach. Mit körperlichem und mentalem Erschöpfungsgrad sank dann auch recht schnell die Fähigkeit, die tolle Strecke und Natur aufsaugen zu können. Bei km 60 haben wir Zell durchfahren; mein „Zwischenfixpunkt“, an dem ich meine Schatzis sehen würde. Nicole ist nicht nur im Wk top, sondern weiß auch beim Anfeuern, wie der Hase läuft und hat sich einen Punkt mit Emilian gewählt, an dem sie gut auf sich aufmerksam machen konnte.
Mit gutem Speed bin ich freudestrahlend und winkend vorbeigedüst. Meinen 30er Schnitt – mein Minimalziel für die Strecke – hatte ich mir dort schon wieder zurückgeholt und war wieder topmotiviert, wenn auch schon etwas tiefergehend erschöpft. Vor einigen Kilometern am Berg war ich „lediglich“ aufgrund der aktuellen Anstrengung erschöpft, ich wusste, dass ich mich davon erholen könnte.
Nun trat eine etwas generelle Erschöpfung allein aufgrund der Renndauer ein. Es galt nun, mich bei der verbleibenden Verpflegungstation, die der Veranstalter bestens organisiert und ausgestattet hat, nach dem Motto „all in“ zu verpflegen. Wir passierten dann noch einen Ort, in dem sich nochmal ein Anfeuerungshotspot mit Musik befand. Die Gänsehaut mündete bei mir schon fast in erste Tränchen… war ich schon so erschöpft oder war das wirklich so emotional?
Bei der Einfahrt in die Wechselzone konnte ich nicht anders, als mich kurz zu fragen, wie ich jetzt eigentlich noch einen Halbmarathon laufen soll.
Das Laufen begann nach dem Wechsel dann trotzdem gut und fühlte sich an wie „jetzt geht’s richtig los“. Da Laufen meine derzeit beste Disziplin und die einzige ist, in der ich zumindest halbwegs geregelt trainiere, hatte ich richtig Bock und versuchte meine geplante Einstellung umzusetzen, dass ich ja keinen Halbmarathon laufe, sondern einen (hoffentlich schnellen) Kilometer nach dem anderen, bis irgendwann, fast schon zufällig, 21km geschafft sind. Ich sammelte auch tatsächlich Athleten um Athleten ein und wusste, ich bin gut, aber nicht zu schnell unterwegs; meine Uhr zeigte mir ein Tempo von 4:30 an. Meine ursprüngliche Hoffnung auf ein 4:15er Tempo hatte ich nach dem Radfahren schon als nicht machbar abgelegt; mit den angezeigten 4:30 war ich sehr zufrieden.
Nach 3 km Laufstrecke am See entlang kamen wir nach Zell, wo wir in fast schon verwirrenden Schleifen (aber alles gut beschildert/abgesperrt) durch den Ort gelaufen sind. Die Anfeuerung der Zuschauer dort war für mich das Überraschendste am ganzen Wettkampf. Mit traumhafter Natur hatte ich eigentlich schon geplant; gute Organisation hatte ich bei der Startgebühr erwartet. Mit der Stimmung in Zell an der Strecke hatte ich aber nicht gerechnet. Mehrfach wurde laut und jubelnd mein Name gerufen und ich wurde angefeuert, als ob ich den Wettkampf noch gewinnen könnte.
In einer Kurve bergauf bekam ich dann das erste (und zum Glück einzige) Mal Krämpfe in den hinteren Oberschenkeln, die zunächst ein Laufen unmöglich machten. Ich hielt an, um mich zu dehnen. Neben „Auf geht’s, du schaffst das Stephan“ von vielen Seiten kam sogar eine Kellnerin aus dem anliegenden Lokal und bot mir ein Wasser an. So geht Zuschauersupport, ich war gerührt und motiviert!
Die weitere Laufstrecke verlief dann am See (tolle, aber nicht spektakuläre Strecke) und wieder zurück nach Zell, erneut durch die Stadt, diesmal zum Glück ohne Krampf und ab in die zweite Runde. Nachdem es zunächst bis km 5 sehr gut lief und ich trotz langer Dehnpause noch unter 5er Schnitt lag, begann das Laufen dann hart bzw. lang zu werden.
Ich kämpfte Kilometer um Kilometer um den 5er Schnitt, lag aber stets drunter, meist bei 4:50min. Nach dem zweiten Stadtdurchlauf konnte ich nicht anders, als kurz bei meinen Schatzis anzuhalten und beiden einen Kuss zu geben. Emilian hat mich über beide Ohren angestrahlt, nachdem er sich in der ersten Runde bei meinem Vorbeikommen noch ein Schläfchen (ja, schon wieder, so eine Mitteldistanz ist halt lang) gegönnt hatte.
Ich verpflegte mich ausgiebig, mein Bauch signalisierte mir schon, zu ausgiebig. Von nun auf jetzt ging es dann bei mir auf einmal wieder viel besser und ich konnte immer schneller werden. Ich steigerte mein Tempo auf deutlich unter 4:30 und wagte gar nicht zu fragen, was ich richtig (oder vorher falsch) gemacht hatte, sondern akzeptierte einfach, dass es gerade richtig läuft. Fast schon sicher, dass ich das jetzt so ins Ziel bringe, folgte bei ca. km 17 so ein Einbruch, dass mir die verbliebenen 4 Kilometer erschienen, als hätte ich noch einen Marathon vor mir.
Es ist fast schon unglaublich, wie innerhalb eines solchen Wettkampfes – und es ist ja „nur“ ein halber Ironman – die Kraft-und Gefühlslage so schwanken kann. Ich musste an ein Interview von Jan Frodeno denken, der gesagt hatte, ein Ironman hängt davon ab, wie Du mit Deinen Schwächephasen umgehst. Auch wenn das seinige Umgehen mit den Schwächephasen zu einem schnelleren Laufen führt, so brachte ich die letzten 4 km sicher – aber nicht mehr schnell – ins Ziel.
Eigentlich waren es auch nur drei Kilometer. Der letzte Kilometer ging durch die Innenstadt auf die Zielgerade und damit fast wie von selbst. Ich klatschte als Dankeschön für die grandiose Stimmung jede Hand ab, die mir hingehalten wurde. Sogar Nicole und Emilian standen nicht nur mitten im Trubel, sondern machten sich auch erfolgreich bemerkbar und konnten mich so nochmal anfeuern. Ich belohnte mich mit einem freudigen kurzen Jubel im Ziel; der Sprecher rief mir zu „Good job Stephan“. Ich fand, er hatte Recht.
Nach dem Zieleinlauf war dann alles eng und nur für Athleten zugänglich; die Zielgerade voll mit Menschenmassen. Wie ich hier jemals Nicole und Emilian finden sollte, war mir in meiner eingeschränkten Gedankenschnelligkeit ein Rätsel. Nicole hatte sich aber erfolgreich durchgequetscht und schrie mir durch einen Bauzaun mehrfach zu, bevor ich sie hörte. Nach einem ausführlichen Rennbericht durch den Bauzaun hindurch war ich dann auch wieder in der Lage, mir einen – tatsächlich nicht so unkomplizierten - Weg zu Nicole und Emilian zu suchen. Ich bedankte mich bei beiden ausführlich; ohne deren Unterstützung wäre der Wettkampf weder möglich, noch so schön für mich gewesen. Und ich war unendlich froh, endlich wieder bei ihnen zu sein.
In der Kongresshalle haben wir uns dann die Zielverpflegung gegönnt. Wie schon auf Rügen war es wieder so, dass man sich erst denkt „das ist mal ein Buffet für das Startgeld“, es gab neben Nudeln auch ein Reisgericht und Lasagne. Halbwegs geschmeckt hat – uns jedenfalls – eigentlich kaum etwas. Verglichen mit vielen regionalen und deutlich günstigeren Veranstaltungen ist dort die Zielverpflegung bei weitem besser.
Was bleibt, ist ein tolles Gefühl, einen naturell wunderschönen und gleichwohl harten Wettkampf mit allen Ups und Downs, die den Wettkampf letztlich besonders machen, gefinisht zu haben. Bei dem Streben nach Zeiten und Platzierungen (Zeiten hatte ich mir in diesem Wettkampf vorgenommen; um Platzierungen ging es nicht) vergisst man manchmal zu sehr, welches Privileg es eigentlich ist, diesen Sport und solche Wettkämpfe neben den wirklich wichtigen Dingen im Leben eigentlich machen zu dürfen/können.
Mein zweiter IM 70.3 stand vor der Tür. Nachdem ich letztes Jahr auf Rügen Blut geleckt hatte für 70.3 Distanzen war nun schon wieder ein Jahr rum und mein zweites Rennen über diese Distanz stand auf dem Plan. Mein im Vorjahr gestecktes Ziel, die Distanz diesmal „durchballern“ zu können, hatte sich im Verlauf des Jahres mit 2- monatiger Elternzeit-Europatour als zweit- naja eigentlich als letztrangig - geoutet. Mit Trainingsumfängen, die eigentlich zu einem Verbot über die Anmeldung zu dieser Distanz führen sollten, stand ich nun auf einmal an der Startlinie; kurze Gedanken im Vorfeld, es sein zu lassen, gab es durchaus…
In Zell mit dem Wohnmobil angekommen, gewannen Nicole und ich schnell den Eindruck, dass hier irgendwie alles etwas größer und anonymer ist, als bei dem 70.3 auf Rügen. Das Anfeuern durch Nicole und Sohnemann musste gut geplant werden; auch dann hat Zell nicht die familienfreundlichsten Strecken zum Anfeuern.
Nach dem Abholen der Startunterlagen in einer Art Messehalle in der Innenstadt ging es mit dem WoMo einen Ort weiter, in dem Schwimmen und beide Wechsel stattfinden sollten; der Zieleinlauf sollte dann wieder im Herzen von Zell sein. Nach dem Einchecken in eine Wechselzone, die den gesamten Innenraum eines Stadions einnahm, haben wir in einer Seitenstraße quasi im Vorgarten eines Hauses den wohl weit und breit letzten Parkplatz gefunden und dort dann auch einfach übernachtet.
Da Start erst um 11 Uhr sein sollte – warum eigentlich, fragten wir uns – konnten wir ausschlafen, so lange Emilian es zuließ. Gleichwohl deutlich früher als unbedingt nötig sind wir zum Wettkampfort aufgebrochen, um die Stimmung aufzusaugen und mit Emilian am See noch im Gras zu spielen. Zu der Zeit konnte man die Bergkulisse in den Wolken nur erahnen.
Nicole und ich haben uns noch als erfahrene Triathlonhasen über diverse Mitstreiter gewundert, die vorsichtshalber knapp eine Stunde vorher begonnen haben, ihren Neo anzuziehen; so kalt war es eigentlich gar nicht. Sind Neos die neuen Ganzkörperkompressionsutensilien? Auch eine Triathletin, die sich zu gleicher Zeit ausführlich einschwamm, hat uns gewundert… Ist so langes Schwimmen vor einem 70.3 sinnvoll? Und ist es mir das wirklich wert, eine Stunde im nassen Neo auf den Start zu warten? Diese Dame wusste – was wir wiederum nicht wussten – aber sehr genau, was sie tat. Es war die spätere Zweitplatzierte des Profifeldes, Anja Beranek, die das umfängliche Einschwimmen gut verkraften dürfte und zudem einen zweiten Neo für den Wk dabei hatte.
Dann war es soweit, es wurde ernst. Pünktlich wenige Minuten vor dem Profistart riss auf einmal die Wolkendecke auf und gab den Blick auf bestes Wetter in traumhafter Kulisse preis. Das wird der Grund sein, warum hier in den Alpen so spät Start ist. Es galt sich nach letzten Glückwünschen von Nicole und Sohnemann nun durch die Massen zu kämpfen, um meine Schwimmgruppe von 30-35 min zu finden. Das entsprechende Schild war nicht- jedenfalls für mich nicht – mehr auffindbar und so musste ich mich bei den 35 – 40 min anstellen. Dann überhole ich halt ein paar Leute, auch schön…
Die Pre-Start-Atmosphäre begann und diese zu erzeugen, machte der Veranstalter echt toll. Neben toller Musik aus guten Soundanlagen verstanden es die beiden Kommentatoren, mir mehrfach Gänsehautmomente zu bescheren. Die Stimmung unter den Athleten war einerseits angespannt, anderseits aber auch irgendwie gelassen und kollegial. Meine Zweifel, ob meine – wirklich – eine einzige Schwimmeinheit in diesem Jahr und meine dreistelligen Radkilometer zum Bewältigen der Distanz ausreichen würden, waren auf einmal weggeblasen und einem „Ist das geil hier“ und einem „ich schaffe das“-Gefühl gewichen. Nach langen ca. 15 min nach Startschuss bin ich an der Reihe und darf im Abstand von ca. 1-2 Sekunden zum Vordermann alleine – wie aller Starter bei diesem Rolling-Start- ins Wasser.
Für mich stand diesmal das bewusste Erleben des Wettkampfes im Vordergrund und so gönnte ich mir mehrfach beim Atmen einen staunenden Blick in die Alpenkulisse. Wahnsinn… ist das Schwimmen in diesem See toll, dachte ich. Glasklares Wasser und ein traumhafter Blick in die umliegenden Berge waren mir und meinen Mitstreitern vergönnt. Zwischendurch wurde die Strecke zwar ganz schön lang, aber nach ca. 60 % der Strecke, kurz nach der Wende, wusste ich, das Schwimmen überstehe ich ohne größere Einbußen für meine weitere Tagesaufgabe…
Schnell die Stadionrunde zu meinem Rad absolviert und mich zwischendurch strahlend von Nicole anfeuern lassen, saß ich auch schon auf zwei Rädern; Emilian machte gerade in der Kraxe auf Nicoles Rücken einen Vormittagsschlaf… Noch war ich nicht in der Stimmung, dass mir dieser Zeitvertreib lieber gewesen wäre.
Die Radstrecke führte die Erlebnishaftigkeit der Schwimmstrecke fort. Eine top Straße, die vollgesperrt durch eine grüne Alpenkulisse führt… allein das war eigentlich schon fast die 250 Euro Startgeld wert. Die ersten Kilometer verfliegen fast und ich fahre auf meinem Rennrad – 90 km Zeitfahrrad erschien mir ohne jedes Positionstraining nicht so sinnvoll für mein Ziel, hinterher noch einen Halbmarathon zu laufen – knapp einen 38er Schnitt auf den ersten ungefähr 20 km. Ich überprüfe mich mehrfach selber, ob ich gerade gnadenlos überzocke oder ob es bergab geht und/oder Rückenwind herrscht… M.E. alles nicht der Fall, es läuft einfach… Geiles Gefühl!
Für die ersten zurückhaltend gefahrenen km einer MD durchaus gut. Dann kam der einzige richtige Berg des ansonsten nur leicht welligen Profils – klar war von Anfang an ja sowieso, dass wir hier nicht auf Rügen sind und es gilt, irgendwas um die 800- 1000 hm zu überwinden. Der Berg war bis auf einzelne Abschnitte eigentlich gut zu fahren und zog sich insgesamt über 13 km. Motivationstechnisch muss IM zwar noch an sich arbeiten; nett gemeinte Schilder mit der Aufschrift „DNF is no option“ auf tiefschwarzem Hintergrund sahen eher aus, wie bei laufender Bluesmusik angefertigt, aber naja. So wusste ich zumindest, dass auch der Veranstalter ein Aufgeben nicht schön finden würde; stand ja eh nicht zu Debatte.
Ein extrem dummer – es ist wie es ist - Fehler (ich hätte es ja gerne mit Anfängerfehler entschuldigt, aber ich mache Triathlon schon ein paar Jährchen) machte sich dann während des Anstieges bemerkbar. Ich hatte mein dieses Jahr kaum gefahrenes Rennrad vorbildlich an der Schaltung geputzt und geölt, aber nicht die Gänge richtig kontrolliert. Warum auch immer, es schalteten sich jedenfalls die Gänge zwar super, die Schaltung wollte mir aber trotzdem keinen Zugang zu meinen 2 leichtesten Gängen meines ohnehin nicht auf Berge ausgelegten Ritzels gewähren. Hätte dies in meinen ersten Triathlon-Jahren wohl zu stark aufsteigender Panik geführt, war ich an Ort und Stelle tatsächlich in der Lage, über diese weitere Herausforderung zu schmunzeln und mir zu denken: „challenge accepted“. Der Vorteil war, dass ich ein gewisses Grundtempo halten musste, um die Kurbel herumzukriegen und so Mitstreiter um Mitstreiter einsammelte.
Genau wie mir Nicole – in weiser Voraussicht (???) – geraten hatte, habe ich stets an unser Highlight-Erlebnis während der Elternzeit gedacht, als wir Emilian im Thule-Hänger hinten am Mtb 25km den Mont Ventoux hochgezogen haben. Anstrengender als das kann dieser Alpenpass auf mittlerem Gang, aber dafür mit Rennrad und ohne 20-25kg Gewicht hinten dran, wohl auch kaum werden…
Der Berg entschloss sich auf den letzten 2 km aber noch, mich mit einer „so einfach kommst Du mir nicht davon“- Steigung zu überraschen. Die Prozente des Anstieges kannte ich nicht und wollte sie auch nicht wissen, es war jedenfalls steil und die Beine brannten. Trotz aller gegenteiliger Absichten musste ich schlussendlich absteigen. Mit einem „Du Looser“- Gefühl am Straßenrand stehend wusste ich schnell, dass es die richtige Entscheidung war. Mein Puls und mein Laktat müssen an der Grenze des Messbaren gewesen sein… und ich befand mich noch vor km 35. Ein Schild berichtete mir, dass es nur noch 1 Kilometer bis zum Gipfel sei… ich wäre lieber einen Kilometer zusätzlich geschwommen, als ihn mit dieser Übersetzung diesen Anstieg raufzumüssen. Ein kleiner Trost war, dass sich die meisten anderen Athleten im Zeitenlupentempo weiterbewegten, während ich stand. Insgesamt habe ich dreimal kurz anhalten müssen, um nicht umzukippen. Die Motivation war auf dem Tiefpunkt; ob der Wettkampf noch als durchgestanden gelten würde, schien mir zweifelhaft…
Auf jedes Down folgt im besten Fall auch wieder ein Up… Steigungstechnisch wars zwar zum Glück genau umgekehrt; motivationstechnisch aber genau so. Eine so tolle Straße durfte ich noch nie (fast) ohne Rücksicht auf Verluste runterballern. Recht gut vorhersehbare Kurven bei einer vollgesperrten Strecke und dem nötigen Anteil an abschüssiger Steigung führte zu viel Spaß für den Fahrer. Gefühlt habe ich viele derer, die mich während meiner Stehpassage eingesammelt haben, auf ihren quietschenden und teilweise vom Bremsen stinkenden Zeitfahrrädern wieder eingesammelt. Die Strecke bietet sich zwar gleichwohl – wenn man ehrlich ist – sehr wohl und eindeutig für das Nutzen eines TT an. In der Abfahrt hatte ich mit meinem RR aber klare Vorteile. Und das Schöne war: Die oberen Gänge brauchte ich nicht mehr, weder auf dem kleinen, noch auf dem großen Ritzel.
Etwas Angst machte mir nur die Häufigkeit, mit der andere Athleten, teils in kleineren Grüppchen, mit Pannen am Straßenrand standen. Das war später auch Gespräch bei der Zielverpflegung; den Grund kenne ich bis heute nicht. Ich blieb von einem (weiteren) Defekt jedenfalls zum Glück verschont.
Die Abfahrt dauerte um die 15km und so befand ich mich auf einmal schon bei km 50. Nur noch 40km klangen doch schon besser, als noch 55km am Gipfel (und eigentlich schon mit den Kräften am Ende). Der Rest der Strecke war dann nicht minder schön, aber halbwegs flach. Mit körperlichem und mentalem Erschöpfungsgrad sank dann auch recht schnell die Fähigkeit, die tolle Strecke und Natur aufsaugen zu können. Bei km 60 haben wir Zell durchfahren; mein „Zwischenfixpunkt“, an dem ich meine Schatzis sehen würde. Nicole ist nicht nur im Wk top, sondern weiß auch beim Anfeuern, wie der Hase läuft und hat sich einen Punkt mit Emilian gewählt, an dem sie gut auf sich aufmerksam machen konnte.
Mit gutem Speed bin ich freudestrahlend und winkend vorbeigedüst. Meinen 30er Schnitt – mein Minimalziel für die Strecke – hatte ich mir dort schon wieder zurückgeholt und war wieder topmotiviert, wenn auch schon etwas tiefergehend erschöpft. Vor einigen Kilometern am Berg war ich „lediglich“ aufgrund der aktuellen Anstrengung erschöpft, ich wusste, dass ich mich davon erholen könnte.
Nun trat eine etwas generelle Erschöpfung allein aufgrund der Renndauer ein. Es galt nun, mich bei der verbleibenden Verpflegungstation, die der Veranstalter bestens organisiert und ausgestattet hat, nach dem Motto „all in“ zu verpflegen. Wir passierten dann noch einen Ort, in dem sich nochmal ein Anfeuerungshotspot mit Musik befand. Die Gänsehaut mündete bei mir schon fast in erste Tränchen… war ich schon so erschöpft oder war das wirklich so emotional?
Bei der Einfahrt in die Wechselzone konnte ich nicht anders, als mich kurz zu fragen, wie ich jetzt eigentlich noch einen Halbmarathon laufen soll.
Das Laufen begann nach dem Wechsel dann trotzdem gut und fühlte sich an wie „jetzt geht’s richtig los“. Da Laufen meine derzeit beste Disziplin und die einzige ist, in der ich zumindest halbwegs geregelt trainiere, hatte ich richtig Bock und versuchte meine geplante Einstellung umzusetzen, dass ich ja keinen Halbmarathon laufe, sondern einen (hoffentlich schnellen) Kilometer nach dem anderen, bis irgendwann, fast schon zufällig, 21km geschafft sind. Ich sammelte auch tatsächlich Athleten um Athleten ein und wusste, ich bin gut, aber nicht zu schnell unterwegs; meine Uhr zeigte mir ein Tempo von 4:30 an. Meine ursprüngliche Hoffnung auf ein 4:15er Tempo hatte ich nach dem Radfahren schon als nicht machbar abgelegt; mit den angezeigten 4:30 war ich sehr zufrieden.
Nach 3 km Laufstrecke am See entlang kamen wir nach Zell, wo wir in fast schon verwirrenden Schleifen (aber alles gut beschildert/abgesperrt) durch den Ort gelaufen sind. Die Anfeuerung der Zuschauer dort war für mich das Überraschendste am ganzen Wettkampf. Mit traumhafter Natur hatte ich eigentlich schon geplant; gute Organisation hatte ich bei der Startgebühr erwartet. Mit der Stimmung in Zell an der Strecke hatte ich aber nicht gerechnet. Mehrfach wurde laut und jubelnd mein Name gerufen und ich wurde angefeuert, als ob ich den Wettkampf noch gewinnen könnte.
In einer Kurve bergauf bekam ich dann das erste (und zum Glück einzige) Mal Krämpfe in den hinteren Oberschenkeln, die zunächst ein Laufen unmöglich machten. Ich hielt an, um mich zu dehnen. Neben „Auf geht’s, du schaffst das Stephan“ von vielen Seiten kam sogar eine Kellnerin aus dem anliegenden Lokal und bot mir ein Wasser an. So geht Zuschauersupport, ich war gerührt und motiviert!
Die weitere Laufstrecke verlief dann am See (tolle, aber nicht spektakuläre Strecke) und wieder zurück nach Zell, erneut durch die Stadt, diesmal zum Glück ohne Krampf und ab in die zweite Runde. Nachdem es zunächst bis km 5 sehr gut lief und ich trotz langer Dehnpause noch unter 5er Schnitt lag, begann das Laufen dann hart bzw. lang zu werden.
Ich kämpfte Kilometer um Kilometer um den 5er Schnitt, lag aber stets drunter, meist bei 4:50min. Nach dem zweiten Stadtdurchlauf konnte ich nicht anders, als kurz bei meinen Schatzis anzuhalten und beiden einen Kuss zu geben. Emilian hat mich über beide Ohren angestrahlt, nachdem er sich in der ersten Runde bei meinem Vorbeikommen noch ein Schläfchen (ja, schon wieder, so eine Mitteldistanz ist halt lang) gegönnt hatte.
Ich verpflegte mich ausgiebig, mein Bauch signalisierte mir schon, zu ausgiebig. Von nun auf jetzt ging es dann bei mir auf einmal wieder viel besser und ich konnte immer schneller werden. Ich steigerte mein Tempo auf deutlich unter 4:30 und wagte gar nicht zu fragen, was ich richtig (oder vorher falsch) gemacht hatte, sondern akzeptierte einfach, dass es gerade richtig läuft. Fast schon sicher, dass ich das jetzt so ins Ziel bringe, folgte bei ca. km 17 so ein Einbruch, dass mir die verbliebenen 4 Kilometer erschienen, als hätte ich noch einen Marathon vor mir.
Es ist fast schon unglaublich, wie innerhalb eines solchen Wettkampfes – und es ist ja „nur“ ein halber Ironman – die Kraft-und Gefühlslage so schwanken kann. Ich musste an ein Interview von Jan Frodeno denken, der gesagt hatte, ein Ironman hängt davon ab, wie Du mit Deinen Schwächephasen umgehst. Auch wenn das seinige Umgehen mit den Schwächephasen zu einem schnelleren Laufen führt, so brachte ich die letzten 4 km sicher – aber nicht mehr schnell – ins Ziel.
Eigentlich waren es auch nur drei Kilometer. Der letzte Kilometer ging durch die Innenstadt auf die Zielgerade und damit fast wie von selbst. Ich klatschte als Dankeschön für die grandiose Stimmung jede Hand ab, die mir hingehalten wurde. Sogar Nicole und Emilian standen nicht nur mitten im Trubel, sondern machten sich auch erfolgreich bemerkbar und konnten mich so nochmal anfeuern. Ich belohnte mich mit einem freudigen kurzen Jubel im Ziel; der Sprecher rief mir zu „Good job Stephan“. Ich fand, er hatte Recht.
Nach dem Zieleinlauf war dann alles eng und nur für Athleten zugänglich; die Zielgerade voll mit Menschenmassen. Wie ich hier jemals Nicole und Emilian finden sollte, war mir in meiner eingeschränkten Gedankenschnelligkeit ein Rätsel. Nicole hatte sich aber erfolgreich durchgequetscht und schrie mir durch einen Bauzaun mehrfach zu, bevor ich sie hörte. Nach einem ausführlichen Rennbericht durch den Bauzaun hindurch war ich dann auch wieder in der Lage, mir einen – tatsächlich nicht so unkomplizierten - Weg zu Nicole und Emilian zu suchen. Ich bedankte mich bei beiden ausführlich; ohne deren Unterstützung wäre der Wettkampf weder möglich, noch so schön für mich gewesen. Und ich war unendlich froh, endlich wieder bei ihnen zu sein.
In der Kongresshalle haben wir uns dann die Zielverpflegung gegönnt. Wie schon auf Rügen war es wieder so, dass man sich erst denkt „das ist mal ein Buffet für das Startgeld“, es gab neben Nudeln auch ein Reisgericht und Lasagne. Halbwegs geschmeckt hat – uns jedenfalls – eigentlich kaum etwas. Verglichen mit vielen regionalen und deutlich günstigeren Veranstaltungen ist dort die Zielverpflegung bei weitem besser.
Was bleibt, ist ein tolles Gefühl, einen naturell wunderschönen und gleichwohl harten Wettkampf mit allen Ups und Downs, die den Wettkampf letztlich besonders machen, gefinisht zu haben. Bei dem Streben nach Zeiten und Platzierungen (Zeiten hatte ich mir in diesem Wettkampf vorgenommen; um Platzierungen ging es nicht) vergisst man manchmal zu sehr, welches Privileg es eigentlich ist, diesen Sport und solche Wettkämpfe neben den wirklich wichtigen Dingen im Leben eigentlich machen zu dürfen/können.